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Historische Geschichte der Pioniertruppe
Pioniere sind von ihrem
Selbstverständnis her Kampfunterstützer, die mit einer
Vielzahl von technischem Gerät den Weg für die eigenen
Truppen frei machen, den des Feindes jedoch versperren.
Unser Slogan lautet: "Wir machen Ihnen den Weg frei!"
Natürlich können wir daher fast alles... Wir heißen ja nach
einer alten Bezeichnung nicht umsonst "Ingenieur- und
Genietruppen". Aber im Ernst, es gibt keine Truppe, die
vielseitiger ausgebildet wird als wir es sind: Leichtes und
schweres Baugerät, Boote, beeindruckende Technik,
Computerunterstützte Logistik, Witz und Verstand, harte
Arbeit und fröhliches Feiern, so ist das Pionierleben. Dabei
ist doch ein altes Vorurteil widerlegt, dass uns als "dumm,
stark und wasserdicht" bezeichnet. Die das sagen, brauchen
uns meistens dann, wenn sie selbst nicht mehr weiterwissen.
Historisch gibt es die Pontoniere (Bootspioniere) zum
Überqueren von Gewässern.
Mineure (Anlegen von Tunneln und Minen mit Bergbautechnik,
z. B. um den Feind unterirdisch in die Luft zu sprengen, mit
dem Einsatz von Sprengstoff-Minen
Sapeure (Gräbenbuddler, daher der englische Spitzname "The
Sappers"), zum Bau von Stellungen und Befestigungen.
Die Entwicklung des Pioniers
von der Antike bis in die Neuzeit, 1870
In der Antike brachte die "Kriegskunst" u. a.
Rammböcke, fahrbare Brücken, Katapulte und andere
Belagerungsmaschinen hervor, so dass man sie als
"Geburtshelfer" der Artillerie bezeichnen mag. Julius Caesar
benutzte „Pionierwissen", um mit der römischen Brückenbau
Kunst über den Rhein zu gelangen und Kastelle zu erbauen.
Im Mittelalter gelangte das Schwarzpulver aus dem Fernen und
Nahen Osten nach Europa. Die Geschütze lösten die Katapulte
ab, es gab aber lange keine eigenständige Artillerie, so
dass die frühen Pioniere deren Aufgabe übernahmen. In der
Renaissance, im 16. Jahrhundert, hatten bereits geniale
Erfinder wie Leonardo da Vinci Kriegsmaschinen und
gepanzerte Fahrzeuge konstruiert, die erst viel später
gebaut werden konnten, da es noch keine Möglichkeit der
Motorisierung außer durch Muskelkraft gab.
Pioniere galten in der frühen Neuzeit
um 1500, besonders aber ab dem Dreißigjährigen Krieg
(1618-1648) als "Ingenieur- und Genietruppen", die
technische Erfindungen sofort in der militärischen Praxis
"genial" zu verwenden hatten. Oftmals standen an der Spitze
der Einheiten technisch ausgebildete Personen, Ingenieure
oder Baumeister.
Ab 1814 brachte z. B. das Garde-Pionier-Bataillon Berlin
viele Erfindungen hervor. Von 1823 bis 1850 hatte es sogar
eine eigene "Marine-Sektion" mit einem Unteroffizier und
acht Mannschaften, die auf einem Kanonenboot Dienst taten.
Ferner bildete das Bataillon Soldaten im Schwimmen aus und
stellte die neugebildeten "Verkehrstruppen" auf:
Feldtelegraphie- Pioniere mit Telegraphen zur elektrischen
Signalübermittlung (wie etwa mit einem Fernschreiber) als
Vorläufer, Eisenbahn- Pioniere, Kraftfahr- und
Luftschiffertruppen können als Ableger der Pioniere gelten.
Die Pioniere in der Armee Preußens 1859
Ein kurzer Krieg zwischen Österreich und Frankreich
wegen Sardinien führte 1859 zur vorsorglichen preußischen
Mobilmachung. Obwohl die Truppen letztendlich in den
Kasernen blieben, zeigte sich, dass die Mobilisierungspläne
zeitlich und bezüglich der raschen Truppenverlegung
unzureichend waren.
General Helmuth von Moltke besserte zusammen mit Otto von
Bismarck gerade nach 1861 diese Schwächen aus: Eisenbahn-
Pioniere kümmerten sich um das Streckennetz oder
transportierten Soldaten und Gerät.
Feldtelegraphie- Pioniere, als Vorläufer der
Fernmeldetruppen, übermittelten zunächst mit
mechanisch optischen, später mit elektrischen Telegraphen
wichtige Nachrichten in kürzester Zeit.
Die Pioniere und der moderne Krieg ab 1859
Spätestens mit dem amerikanischen
Bürgerkrieg 1861-1865 wurde den Menschen mit erschreckender
Klarheit vor Augen geführt worden, dass der moderne Krieg
mit Massenvernichtungswaffen ausgefochten würde, die bis
dahin unbekannte Verstümmelung und Tötung mit wenig
technischem Aufwand ermöglichten. Gerade in Deutschland hat
man in zwei Weltkriegen anscheinend nicht begriffen, dass
sich der Krieg gerade für Pioniere mit zunehmend
gewalttätigerer Technik drastisch verändern würde.
Die Pioniere im
Deutsch-Französischen Krieg 1870-1871
Ein modernes Eisenbahnnetz war in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für eine rasche
Mobilmachung im Krisenfall sehr wichtig. Die schlechten
Straßen der damaligen Zeit erlaubten kaum schnelle
Truppenbewegungen. Daher bauten gerade in Preußens Armee
Eisenbahn- Pioniere die bestehenden Strecken aus oder legten
Feldbahnen an, z. B. zum Transport von Munition und
Eisenbahngeschützen. Diese sind eine Entwicklung des
amerikanischen Bürgerkrieges (1861-1865).
Die Neuerungen der Artillerie ließen
Festungsmauern immer zerbrechlicher erscheinen, so dass sich
die Pioniere einiges zum Schutz der eigenen Stellungen und
zum Erstürmen der feindlichen einfallen lassen mussten.
Heute noch ist das Anlegen von Sperren, Gräben, Wällen,
Drahtzäunen und verhauen Teil der Pioniertätigkeit. Die
taktische Überlegenheit eines Generalstabes, der in Kürze
große Soldatenmengen verlegen kann, führte zu
kriegsentscheidenden Vorteilen auf deutscher Seite.
Im Ersten Weltkrieg zeigte sich aber,
dass die im Vergleich zu 1870 riesige deutsche Armee, die
hauptsächlich Pferde als "Zugmaschinen" eingesetzt hatte,
auch mit der Bahn nicht schnell genug verlegen konnte. Nur
geringe Abhilfe konnten die Pontoniere, Pioniere mit
Schwimmbrücken und Booten, leisten. Die hölzernen
Materialien hielten nur relativ geringe Gewichtsbelastungen
aus. So konnten z. B. schwere Geschütze nicht über derartige
Brücken oder mit hölzernen Booten transportiert werden.
Die Pioniere im Kaiserlichen Heer 1914-1918
"1914 bestand eine deutsche Armee aus
zwei Korps zu je zwei Infanteriedivisionen", das waren ca.
17.500 Soldaten. Eine Division bestand aus Infanterie,
Artillerie, und Unterstützungstruppen, u. a. Pioniere. Jedes
Korps hatte z. B. ein Feldpionierbataillon mit vier aktiven
Kompanien. Nach der Mobilmachung blieb eine Kompanie bei
einem Ersatzbataillon und wurde mit zwei Reservekompanien zu
Ausbildungs- und Ersatzzwecken umgebildet.
Der Gesamtaufbau der Infanterie war wie
folgt:
zwei Korps pro Armee zwei
Infanteriedivisionen pro Korps
bis 1915 zwei Infanteriebrigaden mit
vier Regimentern je Division
ab 1915 Abzug der vierten Regimenter
zur Bildung neuer Divisionen
ab 1916 bilden eine Infanteriebrigade
und drei Infanterieregimenter eine Division
drei Bataillone mit je ca. 776 Mann
bilden ein Regiment
Zu einer Feldpionierkompanie gehörten
ca. 267 Mannschaften und Offiziere. Zwei Kompanien des
Bataillons bestanden aus Feldpionieren, die dritte mit 250
Offizieren und Mannschaften war eine Minenwerferkompanie.
Zusätzlich gab es einen Scheinwerferzug mit 40 Offizieren
und Mannschaften. Die Pioniere wurden auch zur Artillerie
abkommandiert, um in den Divisions-Minenwerferkompanien
Dienst zu tun, die oft bis zu 300 Mann zählten.
Die Mineure der Pionierbataillone trieben Tunnel "vor bis
unter die Stellungen des Feindes, legten dort eine
Sprengladung ("Mine") ab, die unmittelbar vor einem Angriff
zur Detonation gebracht wurde und dann ein Höchstmaß an
Verlusten und Verwirrung verursachte". Die eigentliche
Erdmine, wie wir sie heute kennen, nahm erst im II.
Weltkrieg einen entscheidenden Platz im Arsenal der Pioniere
ein.
Die Wasserbau-, Fluss- und Küstenpioniere setzten aber
bereits Wasserminen gegen Schiffe und Boote ein. Diese
Truppen nutzten seit alter Zeit auch Deichbrüche, künstlich
erzeugte Überschwemmungen und Festungen zur See hin. Sie
hatten auch in Gewässern Minen zu räumen, denn gerade die
Marine verwendete bereits Seeminen.
Die Sapeure (von frz. "saper", arbeiten mit dem Spaten,
untergraben) hoben Gräben aus, um das Vordringen des Feindes
zu behindern oder das Graben von Tunneln vorzubereiten. Das
Wort Sapeur steht im Französischen auch für den Pionier
insgesamt.
1916 wurden die ersten Pionier - Mineur - Kompanien auf
deutscher Seite aufgestellt, an deren Spitze ausgebildete
Bergbauingenieure aus Kohlebergwerken standen. Auch die
Alliierten führten mit unterirdischen Gängen Krieg, so dass
es zu erbitterten Kämpfen z. T. auch unter der Erde kam.
Besonders der Kampf in den Alpen mit der Anwendung der
Geologie (Lehre von den Gesteinen und der
Bodenbeschaffenheit) zur sogenannten Wehrgeologie (hier:
Berechnung der Minen und Stollen) war sehr grausam. Die
oftmals eingesetzten Horchposten sollten auf unterirdische
Grabungsgeräusche achten und die eigene Truppe warnen.
Gegen unterirdisch verwendetes Gift- oder Tränengas der
Gaspioniere konnte man meist nur Vögel oder Mäuse als
"Frühwarnsysteme" einsetzen. Besonders verheerend war gerade
gegen Kriegsende der Gaseinsatz, den die Kaiserlichen
Truppen Deutschlands als Erste in die moderne Kriegsführung
einbanden. Pioniere gelten auch als Vorläufer der
ABC-Einheiten, die mit atomaren (nicht bei der Bundeswehr!),
biologischen und chemischen Waffen kämpfen oder deren
feindliche Verwendung abwehren.
Ab 1901 experimentierte das Heer mit
Flammenwerfern, die 1915 erstmalig zu trauriger Berühmtheit
gelangten und anfangs nur in den Händen der Pioniere waren.
Gerade der II. Weltkrieg hat bewirkt, dass heute diese
grausame Waffe in der Bundeswehr wie in den meisten
ausländischen Armeen nicht mehr eingesetzt wird.
Die Pioniere in der Deutschen Wehrmacht (1935-1945)
"Der wichtigste Großverband des Heeres
blieb die Infanteriedivision, die im wesentlichen noch wie
im Ersten Weltkrieg zusammengesetzt war":
drei Divisionen bilden ab 1935 ein
Korps, von denen es insgesamt 12 gab drei
Infanterieregimenter fasste man zu einer Division zusammen
bis 1944 verringerte sich dabei die Zahl der
Infanterieregimenter auf zwei mit je drei Bataillonen zu ca.
700 Mann und vier Kompanien pro Bataillon.
Die 15. Kompanie in jedem Regiment zu
Kriegsbeginn "bestand aus je einem Pionier, Nachrichten- und
Versorgungszug". In den Divisionen gab es ferner ein
Pionierbataillon, das die drei Infanterieregimenter
unterstützte. Es bestand aus einer Pionierkompanie, einer
Brückenbaukompanie, einem Nachrichtenzug und drei
Pionier-Sturmzügen, die neben neun leichten MG mehrere
Flammenwerfer benutzten.
Traurige Berühmtheit erlangten diese Sturmpioniere bei der
Schlacht um Stalingrad, da bei den schweren Kämpfen die
"normale" Infanterie dort nur einen geringen Teil der Truppe
in Verhältnis zu den Pionieren und ihren Spezialwaffen
ausmachen konnte. Um die Bewegung feindlicher motorisierter
Kräfte zu hemmen, setzte man im II. Weltkrieg erstmalig
Anti-Fahrzeug-Minen (Tellerminen) im großen Stil ein. Auch
Anti-Personen-Minen fanden breite Verwendung. Von ihnen
konnten lediglich LPZ, "leichte Panzermine"?, und Eismine
etwas gegen gepanzerte Fahrzeuge ausrichten.
Ausgebildet wurden die Pioniere in der
Festungspionierschule in Karlshorst bei Berlin. In der
Hauptstadt lag auch das Pionierbataillon 23
Die Ausstattung eines Panzerpionier-
Bataillons in einer Panzerdivision bestand aus wenigstens
einer Kompanie mit Halbkettenfahrzeugen und einer mit
Brückenbaugerät. Vier Kompanien waren es insgesamt. Ab 1944
nahm die Zahl der Halbkettenfahrzeuge zu. Jedoch änderte
sich die Organisation des Heeres mit fortschreitendem
Kriegsverlauf so, dass viele Einheiten nur noch auf dem
Papier vollzählig mit Soldaten und Gerät ausgestattet waren.
Die Pioniertruppen einer Panzergrenadierdivision, also einer
Einheit mit Infanterie (ab 1942 "Grenadiere"), die auf
Panzern aufsitzt, glichen weitgehend jenen einer
Panzerdivisionen.
In den Volksgrenadier-Divisionen, dem
"letzten Aufgebot", kamen Pionierbataillone ab 1944 zumeist
nur auf Fahrrädern zum Einsatz. Radfahrende Pioniere eignen
sich aber, wie die Schweiz heute noch zeigt, gut für den
Einsatz in unwegsamem Gelände oder für die relativ
unauffällige Truppenverlegung.
Redaktion das HEER

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